Wegzeichen.koeln     
Meditatives Wandern & Pilgern     Hildegard Huwe 
 

Impulse

Beides ist gut und wohltuend: Allein und mit anderen gemeinsam unterwegs zu sein. Auf diese Seite finden Sie Gedanken und Anregungen, für Ihr persönliches meditatives Wandern und/ oder Pilgern. 



Bachgeriesel

Gönnen Sie sich eine Auszeit. 

Setzen Sie sich in Gedanken an einen Bach und lauschen Sie eine Minute lang dem Wasser, den Vögeln, dem Wind ...

Lassen Sie Ihre Augen im Grün ausruhen.

Atmen Sie ruhig 

und nehmen Sie die Ruhe 

mit in Ihrem Alltag.

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Im Frühling am Bach

Im Frühling sprießt das Neue. 

Samen öffnen sich. 

Wurzeln und Triebe suchen sich den Weg in die Tiefe und ins Licht. 

Im Wald ist aber immer noch das Laub des letzten Jahres zu sehen. Es stört das Bild vom frischen Grün. Aber es ist die Nahrung für alles, was wachsen will.

Im Alten steckt die Basis für das Neue. Das, was hinter mir liegt, ist die Grundlage dessen, was heute und morgen wachsen und sich entwickeln will.

Im Plätschern des Baches lasse ich diese Gedanken auf mich wirken.

Welcher Impuls will heute daraus entstehen?









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Pilgern in Griechenland 2021 - Bilder und Gedanken

07.10.2021


Pilgern von Athen bis Patras... eine Unternehmung, um nachzudenken, welche Form von Kirche die Menschen heute brauchen. 

Wir gehen über eine Insel. 11 Uhr vormittags und die Sonne brennt vom Himmel. Auf der anderen Straßenseite schleift ein Herr im Schatten einen Schaukelstuhl ab. Als er uns sieht, winkt er uns zu: wir sollen kommen. Was mag er wollen? Wir über-queren die Straße. Er bedeutet uns zu warten und verschwindet. Dann kommt er wieder und drückt uns zwei eisgekühlte Flaschen Wasser in die Hand. Und freut sich über unsere überraschten Gesichter. So macht er unseren Weg leichter. Ohne eine Gegenleistung zu erwarten. 

Davon kann man sich anregen lassen und weiterdenken. Gerade für das Erzbistum Köln.






08.10.2021


Der Weg führt uns auf der einen Seite am Wasser und auf der anderen an Müllbergen vorbei, durch Wohngebiete und an befahrenen Straßen entlang.

Das Rauschen des Meeres und die Weite öffnen Herz und Sinne. Viele Gedanken tauchen auf und lassen sich von den Eindrücken anregen: wie eine Boje verankert sein. Abfall wegspülen. Altes los-werden. Neues bauen. 

Am Morgen konnte ich ein Foto über dem Wasser machen: Das Morgenrot wecken.





09.10.2021



Ich blicke zurück auf 27,5 km. Die führten heute von der Küste weg zum Isthmus-Kanal und dann nach Korinth. Mir gefällt, wie sich die Menschen, denen wir begegnen, um uns kümmern. 

Für die letzten 4 km machten wir an einer Bus-haltestelle eine Trinkpause: Rucksack runter und hinsetzen. Ein Herr fuhr langsam mit dem Auto an uns vorbei und winkte. Nach fünfzig Metern hielt er an und fuhr rückwärts wieder an uns heran. Die Scheibe ging runter: Ob wir auf einen Bus warten? Nein, wir machen nur Pause. Dann ist es gut, es kommt nämlich keiner. 

Ungefragt hat er sich eingemischt, wohlwollend. Das fühlt sich gut an. 




10.10.2021




Nach 29,5 km am gestrigen Tag sind wir in Korinth angekommen. Heute starten wir an der Statue von Diogenes und Alexander. Alexander bietet Diogenes an, einen Wunsch zu erfüllen. Und Diogenes´ ein-facher Wunsch ist es, dass dieser mächtige, reiche Mann ihm aus der Sonne geht.

Sehr passend zu den heutigen gottesdienstlichen Texten: Gold ist wie Sand und Silber wie Lehm. Weisheit versus Reichtum. Menschen haben also zu allen Zeiten über dieses Verhältnis nachge-dacht. Tiefe Gedanken für den Weg, der am Meer entlang, durch Obstgärten und Wohngegenden führt.



11.10.2021


Wir finden ein hübsches Plätzchen für die Mittags-pause... bis der Himmel schwarz wird und es regnet. 

Unser Ziel ist Derveni (28 km). Und ich arbeite daran, so zu gehen, dass ich gut ankommen kann. Was hilft, wenn der Regen einem die Stimmung versaut, der Weg lang ist, es keine weiteren Möglichkeiten gibt, eine trockene Pause zu machen?

Die Tropfen auf der Haut zu genießen, die nicht vom Regenschutz bedeckt wird. Weiter nach trockenen Pausenplätzchen zu suchen. Hupende und grüßende Griechen. Der Duft von Zitrusbäu-men, wenn der Regen kurz aufhört und die Wärme das Wasser verdunstet. Hat zumindest einmal geholfen. 





12.10.2021


Auf dem Weg nach Diakopto. Es regnet und wir finden ein trockenes Plätzchen in einem kleinen Restaurant. Wir bestellen ein Tsatsiki mit frittierten Zucchinibällchen und Cola Zero. Da wir die einzigen Gäste sind, kommt unsere Bestellung schnell. Die Portionen sind sehr großzügig bemessen. Wir haben schon fast aufgegessen, da tritt ein weiterer Gast ein und setzt sich an den Nachbartisch. Er ist mit weißer Farbe besprenkelt und bestellt: frittier-ten Schafskäse, dann Pommes, dann Tsatsiki und schließlich eine Portion frittierte Garnelen. Mit großem Appetit futtert er drauf los. Wir staunen, was er in kurzer Zeit verdrückt. Der Wirt spricht abwechselnd mit uns Englisch und mit dem anderen Gast Griechisch. Leider können wir uns nicht mit dem anderen Gast verständigen – aber wir lächeln uns freundlich zu. 

Schließlich nimmt dieser seinen Teller mit den frittierten Garnelen und fordert uns freundlich auf, zuzugreifen. Corona  ist für ihn offenbar kein Ding. 


 

Wir lehnen höflich ab. Er setzt ein betont betrübtes Gesicht auf und nötigt uns förmlich, uns zu bedie-nen. Mein Mann nimmt zuerst eine Garnele, dann auch ich. Sofort nötigt uns der Gast, wir sollten ein zweites Mal zugreifen. er gestikuliert: Wir hätten ja auch zwei Beine. Für jedes Bein eine Garnele. Dann: Wir lachen miteinander, wir essen miteinander. Es entsteht eine Verbindung zwischen den Tischen und zwischen uns Fremden. Wir können immer noch nicht die Sprache des anderen, aber das Zeichen des geteilten Garnelentellers drückt aus, dass wir nicht mehr nur zufällig nebeneinander sitzen und essen. Wir nicken uns zu, bekunden, wie lecker das Essen hier ist und wie blöd der Regen draußen.

 

Was aus einem Teller mit frittierten Garnelen wachsen kann! Eine kleine Geste mit großer Kraft. Sie zeigt, wie das Teilen Menschen verbindet. Wie oft sprechen wir Christ:innen von „Mahlgemeinschaft“! Mir wurde klar: das ist nicht, gleichzeitig dasselbe zu essen. Es bedeutet auch nicht, miteinander und schon gar nicht, nebeneinander zu essen. Damit so etwas wie „Mahlgemeinschaft“ entstehen kann, braucht es die Großzügigkeit, dem anderen etwas von sich abzugeben. Und es braucht die innere Haltung, dass es im Tiefsten um „uns“ und nicht allein um mich geht. Die frittierten Garnelen sind für mich ein wunderbares Bild für die Herausforderung, über den eigenen Tellerrand zu schauen. Es darf dir nicht egal sein, wer gerade neben dir ist und was mit ihm/ ihr ist. Im „Vater unser“ sprechen wir es aus: „Gib uns heute unser täglich Brot“. Es ist eine großartige Übung, um diese Haltung zu meditieren. Der freundliche Grieche hat das offenbar längst verstanden.

 

 




13.10.2021


Der Weg führt durch Gärten, Weinberge, Zitrus- und Olivenhaine. Plötzlich höre ich einen hohen und einen tiefen Pfiff. Einige Schritte um die Kurve steht ein Hund - wie festgetackert. Er bellt nicht, wedelt nicht und springt auch nicht herum. Weitere Schritte weiter um die Kurve: eine kleine Schaf-herde mit ca. 10 Tieren. Beide Seiten sind über-rascht: die Tiere und ich. Ich halte mich ganz links und gehe vorsichtig weiter. Einige Schafe trauen sich an mir vorbei, andere bleiben stehen und werden unruhig. Hinter der Herde geht ein alter Herr mit einem zweiten Hund, der die Tiere auf die Straße zurücktreibt. In der Herde breitet sich die Unruhe immer mehr aus. Schließlich kehren einige Tiere um, laufen wieder an mir vorbei uns suchen Zuflucht beim Hirten. Oje, dessen Plan ist jetzt komplett durcheinander gebracht. Der Herr bleibt gelassen und freundlich. Mit den nervösen Tieren geht er sehr nachsichtig um. Sie scharen sich immer mehr um ihn und er führt sie in ihr Gehege zurück. 

Der gute Hirte! Künftig wird der für mich eine dunkelbraune Trainingsjacke, ein sonnenverbrann-tes, gefälteltes Gesicht, einen weißen Bart und ein geduldig-nachsichtiges Lächeln haben. 




Nach 21 km ist eine Trinkpause nötig. In einem kleinen Dörfchen finden wir eine kleine Bank. Es nähert sich ein kleines Büschen und ein Herr steigt aus, die Arme voller Orangen. Als er an uns vorbei kommt, schenkt er mir eine herrlich duftende Frucht. Seine Frau kommt kurze Zeit später mit einem ganzen Arm voller Früchte und ich mache ihr mit Händen und Füßen klar, dass wir nicht  soviel tragen können. Sie sagt irgendwas mit "Kardia" - Herz. Oje! Beleidigen wollte ich sie nicht. ich lege meine Hand auf mein Herz: "Kardia". Sie geht zum Haus zurück und kommt wieder mit mehreren Tagetesblüten. Die kann ich leicht tragen... ich schmücke meinen Hut damit. Eine schöne Geste, mit der sie unseren Weg segnet. 



 16.10.2021


Leider bekommt Hubert zunehmend Probleme mit seinem Fuß und kann nur unter Schmerzen gehen. Wir beschließen, es bis Patras zu schaffen und dann unsere Planung zu verändern: Wir nehmen die Fähre bis Bari und fliegen von dort aus zurück. Schade! Peccato! Ich hatte mich schon so auf Italien gefreut! Aber es hilft ja alles nichts. Ein paar Tage Ruhe und die Entzündung klingt etwas ab. Bei weiterer Belastung kommen die Schmerzen wieder...

Einige Tage später - wir sind schon zu Hause ange-kommen, erhalten wir Überraschungspaket. "...Ich finde es so schade, dass Ihr Eure Tour nicht wie geplant beenden konntet und verstehe, dass Ihr Italien vermisst..." Anbei Nudeln und Tomaten-sugo vom Feinsten mit Servietten. 

Essen und verbunden sein mit dem, was oder wen man vermisst, das ist tröstlich. Und natürlich schließe ich in diese Verbundenheit auch die Absenderin mit ein. Die versteht mich.